April 2025

Diversity durch Skills: Vom Buzzword zur Business-Praxis

Wie echte Vielfalt durch Skill-basierte Ansätze entsteht: Erfahren Sie, wie Unternehmen Diversity gezielt fördern und so Innovationskraft und Teamdynamik stärken.
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Illustration von erhobenen, vielfältigen Händen unter bunten Sprechblasen – Symbol für Vielfalt, Mitbestimmung, Feedbackkultur und offene Kommunikation.
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Vielfalt ist kein Nebenprodukt. Sie entsteht durch konsequente und  gezielte Entscheidungen.

 „Wir brauchen mehr Diversität“ – kaum ein Satz wird im HR-Kontext häufiger gesagt – besonders in der IT. Und selten wird einer so halbherzig umgesetzt. Denn obwohl sich viele Unternehmen mehr Vielfalt in ihren IT-Teams wünschen, bleibt die Realität oft erstaunlich homogen.

Das Problem liegt meistens nicht an der Absicht – sondern am System. Genauer: an den Auswahlmechanismen, die darüber entscheiden, wer überhaupt als Talent wahrgenommen wird. Und diese Mechanismen sind alles andere als neutral.

Während Diversity-Initiativen oft auf Employer Branding, Events oder Reporting abzielen, sitzt der eigentliche Hebel ganz woanders: beim Auswahlkriterium selbst. Wer heute noch nach Uni-Abschluss, lückenfreien Lebensläufen und perfekten Karrierestationen filtert, wird zwangsläufig immer wieder dieselben Profile finden. Vielfalt? Eher weniger.

Skills-Based Hiring ändert das – wie wir es bereits im vorherigen Insight angeschnitten haben. Denn wer auf Kompetenzen statt Karrieren blickt, sieht plötzlich Talente, die vorher durchs Raster gefallen sind – und macht Vielfalt im Recruiting nicht nur möglich, sondern auf einmal auch messbar.

Wie genau das funktioniert, warum Skills direkten Einfluss auf die Diversität haben und welchen echten Business-Nutzen Unternehmen davon haben – darum geht’s heute.

Recruiting als System – und warum es Vielfalt oft verhindert

Vielfalt scheitert selten am Willen – aber meistens an den Routinen.

Wenn Unternehmen über Diversität sprechen, ist das selten nur leere PR. In vielen HR-Teams gibt es ein echtes Interesse daran, diversere Teams aufzubauen. Und doch bleibt die Realität häufig überraschend homogen. Die Gründe dafür liegen nicht bei den Kandidat:innen – sondern in den Auswahlmechanismen selbst.

Recruiting gilt oft als neutraler Prozess. In Wahrheit ist es ein System mit eingebauten Automatismen. Lebensläufe werden nach Abschlüssen gescannt, Interviews laufen auf persönliche Sympathie hinaus, „kulturelle Passung“ a.k.a. Cultural Fit bleibt oft ein schwammiges Bauchgefühl. Was dabei bevorzugt wird, sind die Profile, die bereits dem Team ähneln: ähnlich studiert, ähnliche Karrierepfade, ähnliche kulturelle Codes.

So entsteht ein Effekt, den die Soziologie als „homophiles Matching“ beschreibt: Gleiches sucht Gleiches. Und das passiert nicht aus böser Absicht, sondern erstens aus Bequemlichkeit und zweitens aus mangelnder Reflexion.

Gerade für Menschen mit nicht-linearen Lebenswegen wird dieser Prozess zur Barriere. Wer keinen akademischen Abschluss vorweisen kann, eine berufliche Umorientierung wagt oder wegen Elternzeit oder Migration Lücken im Lebenslauf hat, fällt oft durchs Raster. Und das, obwohl diese Personen häufig genau die Skills mitbringen, die im Arbeitsalltag zählen – nur eben nicht in der Form, wie sie der Algorithmus oder das CV-Screening erkennt.

Das Problem ist also nicht die mangelnde Vielfalt im Talentpool. Es ist der Filter, durch den dieser Pool betrachtet wird. Und solange dieser auf klassische Signale wie Titel, Marke und Kontinuität fokussiert ist, bleibt Vielfalt ein gut gemeinter Wunsch – aber kein systematischer Bestandteil des Recruitings.

Skill-basiertes Denken – Warum Kompetenzen gerechter sind als Karrierewege

In klassischen Recruiting-Prozessen wird oft angenommen, dass bestimmte Stationen im Lebenslauf automatisch für Qualität stehen: ein Studium an der „richtigen“ Uni, ein Job bei einem bekannten Arbeitgeber, ein möglichst makeloser Werdegang. Doch was passiert, wenn wir diese Denkmuster umdrehen?

Der Gedanke hinter Skills-Based Hiring ist genau das: Statt nach Signalen vergangener Zugehörigkeit zu suchen, geht es darum, die tatsächlichen Fähigkeiten ins Zentrum zu stellen. Was kann die Person? Was hat sie konkret gelernt, geleistet, umgesetzt?

Gerade für unterrepräsentierte Gruppen ist dieser Ansatz der allseits bekannte „Game Changer". Wer beispielsweise über praxisorientierte Wege in die IT gekommen ist – über Bootcamps, Selbststudium oder Open-Source-Projekte – hat oft keinen akademischen Titel, aber relevante Skills. Wer wegen Elternzeit oder Migration Lücken im CV hat, hat vielleicht genau in dieser Zeit Kompetenzen erworben, die bisher nie erfasst wurden. Und wer aus einem Umfeld kommt, in dem Bildung nicht selbstverständlich ist, hat sich Wissen oft auf anderen Wegen erarbeitet – und bringt mitunter genau das mit, was moderne IT-Teams brauchen: Eigeninitiative, Perspektivenvielfalt und auch Resilienz. Diese Menschen bilden nicht nur eine diverse Zielgruppe ab, sondern steuern vielfältige Skills bei, die klassiche IT-Skills bereichern.

Studien zeigen, dass die Auswahl nach Skills statt nach traditionellen Kriterien zu deutlich inklusiveren Einstellungen führt. Laut einer aktuellen Analyse von LinkedIn (2025) erweitert sich der Talentpool durch Skills-basierte Methoden signifikant – besonders in Bezug auf Frauen, People of Colour, ältere und jüngere Bewerber:innen, aber auch auf Menschen ohne Hochschulabschluss. BCG (2023) spricht davon, dass Skills-orientierte Verfahren helfen, die sog. „Papier-Decke” (engl. „paper ceiling“) zu durchbrechen – also die unsichtbare Barriere, die Menschen ohne formale Abschlüsse vom nächsten Karriereschritt abhält.

Skills machen sichtbar, was traditionelle Verfahren oft übersehen. Sie messen das, was Menschen tatsächlich leisten können – nicht das, was sie irgendwann einmal offiziell zertifiziert bekommen haben. Und genau deshalb sind sie der gerechtere Maßstab.

Tools & Prozesse, die Vielfalt ermöglichen – statt versprechen

Wer Vielfalt will, braucht keine besseren Formulierungen – sondern andere Prozesse.

Viele Unternehmen schreiben sich Diversity schon lange auf die Karriereseite. Doch zwischen Absicht und Umsetzung klafft eine Lücke. Denn solange sich am Recruitingprozess nichts ändert, bleibt auch das Ergebnis gleich. Eine inklusiv formulierte Stellenausschreibung bringt wenig, wenn danach wieder der klassische Lebenslauf den Ausschlag gibt.

Skills-Based Hiring setzt genau hier an: Es verschiebt den Fokus – weg von der Biografie, hin zur konkreten Fähigkeit. Damit das funktioniert, braucht es allerdings Strukturen, die diese Skills nicht nur erkennen, sondern auch vergleichbar machen.

Ein zentraler Hebel ist die Frage, wie Rollenprofile erstellt werden. Statt Bullet-Point-Listen mit Buzzwords braucht es eine präzise Analyse: Welche Fähigkeiten sind wirklich erfolgsentscheidend für die Rolle – und welche davon sind erlernbar? Unternehmen wie IBM und Accenture arbeiten hier mit klaren Kompetenzmodellen, die in Must-haves, Nice-to-haves und Soft Skills unterscheiden (s. auch unser letzter Insight). So werden Anforderungen nachvollziehbar – und übertragbar auf Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen.

Auch die Auswahlverfahren selbst verändern sich. Wer wirklich wissen will, ob jemand Code schreiben kann, lässt ihn oder sie nicht über frühere Projekte erzählen, sondern testet es – etwa mit realitätsnahen Coding-Challenges, projektbasierten Aufgaben oder simulationsbasierten Interviews. Tools wie Codility, TestGorilla oder Applied.io ermöglichen standardisierte Verfahren, die Fähigkeiten erfassen – und gleichzeitig unbewusste Voreingenommenheiten reduzieren.

Ein gutes Beispiel liefert Accenture: Das Unternehmen hat für über die Hälfte seiner Einstiegspositionen die Pflicht zum Studienabschluss gestrichen – und stattdessen ein breit angelegtes Skills-Assessment eingeführt. In nur 18 Monaten konnten so rund 200.000 neue Mitarbeiter:innen eingestellt werden – deutlich diverser als zuvor. Auch Google und IBM setzen längst auf kompetenzbasierte Einstiegsprogramme, bei denen das „Was kannst du?“ über dem „Wo warst du?“ steht.

Vielfalt zahlt sich aus – und zwar messbar

Vielfalt ist kein kosmetischer Anstrich fürs Employer Branding. Sondern sie verbessert, wie Teams denken, entscheiden und performen.

Die Verbindung zwischen Diversity und wirtschaftlichem Erfolg ist längst belegt – aber selten so konkret wie beim Skills-Based Hiring. Studien zeigen, dass diverse Teams schneller Probleme lösen, kreativer arbeiten und innovativer denken. In einer Analyse von McKinsey (2023) performten Unternehmen mit überdurchschnittlich vielfältigen Führungsteams um 39 % besser bei EBIT-Margen. Der Zusammenhang ist kein Zufall: Unterschiedliche Perspektiven führen zu weniger Denkfallen, besserem Risikomanagement und realistischeren Entscheidungen – besonders in komplexen, technologiegetriebenen Branchen.

Skills-basierte Verfahren spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie sorgen nicht nur dafür, dass mehr Menschen den Einstieg schaffen, sondern auch dafür, dass die Zusammensetzung von Teams bewusst diverser wird – fachlich wie kulturell. Das hat Auswirkungen auf zentrale HR-Kennzahlen: Employee Retention steigt, weil Menschen sich auf ihren tatsächlichen Beitrag reduziert sehen – nicht auf ihr Netzwerk oder ihren Bildungsweg. Fluktuation sinkt, weil besser passende, motiviertere Kandidat:innen eingestellt werden. Employer Branding verbessert sich messbar, wenn klar wird: Hier zählt Können, nicht Herkunft.

Die Plattform TestGorilla hat in einer branchenübergreifenden Umfrage festgestellt, dass 89 % der Unternehmen mit Skills-Based Hiring zufriedener mit ihren Neueinstellungen waren – und 93 % eine höhere Teamvielfalt beobachteten. Auch LinkedIn (2025) betont: Der Wechsel zu einem kompetenzorientierten Auswahlprozess vergrößert den Talentpool, senkt Fehlbesetzungen und verbessert die Qualität der Teams – gerade in IT-nahe Rollen.

Anders gesagt: Wer heute auf Skills setzt, bekommt nicht nur mehr Kandidat:innen – sondern bessere. Und diversere. Und das ist kein Idealismus, sondern eine Investition in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.

Diversität ist ein Ergebnis – kein Ziel. Skills-Based Hiring bringt uns näher dran.

Wenn wir Vielfalt in der IT wirklich ernst nehmen, reicht es nicht, an der Oberfläche zu arbeiten. Der Kern liegt nicht im Wording von Stellenausschreibungen oder im Hochglanz der Karriereseite – sondern in der Frage, wie wir entscheiden, wer eine Chance bekommt.

Skills-Based Hiring verändert genau das. Es schafft Strukturen, die nicht nur gerechter sind, sondern auch messbar besser funktionieren. Es eröffnet neue Wege für Menschen, die bisher übersehen wurden – und liefert zugleich bessere Ergebnisse für Unternehmen, die mutig genug sind, ihren Blick zu weiten. Und öffnet damit das Tor zur Vielfalt – die wir wirklich brauchen.

Diversität entsteht nicht durch Deklaration. Sondern durch Design. Und wer heute beginnt, Kompetenzen statt Karrieren zu bewerten, wird morgen Teams haben, die nicht nur vielfältiger aussehen – sondern auch vielfältiger denken. Und genau das macht den Unterschied.

Wenn du inklusives Recruiting für mehr Diversität mit wöchentlichen Reportings outsourcen willst oder Unterstützung in diesem Bereich brauchst, kontaktiere uns gerne – wir zeigen dir, wie dein Unternehmen ganz konkret vom Skills-Based Hiring profitiert.

Quellen:

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